DSA-Rohr und/oder Spiroid am gepfeilten Nurflügel. Ein Bericht von Uli Roidl
Von mir Raimund Sonst ist dieser Artikel aus 2014 etwas verspätet jetzt im August 2016 veröffentlicht.
Wie alles begann:
Beim Nurflügeltreffen 2013 fragte Thomas Kehrer herum, ob schon jemand Erfahrungen mit Winglets am/auf DSA-rohr hätte? H.-J.Unverfehrt
hatte auf der Homepage Zanonia-Flyers über den Einsatz von DSA-rohren beim CO-5buzz geschrieben.
Nix gelesen, erstmal anderes bauen- vergessen. Bis Thomas die erste e-mail mit Bildern und Flugeindrücken schickte. Interessant.
Bis zum Nuritreffen 2014 blieb noch Zeit- anderes bauen. Kurz vor dem Treffen diskutierte ich mit Alfons Gabsch
über die Möglichkeiten, Winglets mit und ohne DSA-rohr vergleichen zu können. Man bräuchte zwei identische Flieger,
gleich schwer, Laborbedingungen (morgens um 5 Uhr auf der Wiese und dann immer nebeneinander gerade aus...
Wer hat schon zwei identische Flieger... und welcher Fliegerfreund geht am Wochenende mit mir um 5 auf die Wiese?)
Beim Nuritreffen flogen Thomas, Florian Rösch und Andreas Weiser die DSA-rohre und da packte es mich entgültig.
H.-J.`s DSA-generationen hab ich unzählige Male angesehen, im Netz gestöbert und landete auf interessanten Seiten
der manntragenden Forschungsgilde. Begriffe wie „splitted wings“ und „Spiroids“ wehten mir um die Ohren,
das meiste auf englisch. Geforscht wird hier, um Spritkosten bei Start und Landung und bei Langstreckenflügen
zu senken. Sprit war für mich kein Kriterium – aber Langstreckenflüge ….??
Da entstand dann die Idee, neben dem DSA-rohr auch die Spiroide zu erproben, die aus der Bionik stammen sollen.
Die links dazu kommen am Ende dieser Ausführungen.
Mein Versuchsträger wurde der Triad von Gerhard Auerswald, der mir in der Erprobung mit den Winglets der 2. und 3.Generation
am Flächenende zu viel Auftrieb entwickelte und da die wunderschönen GfK-teile samt ihrem Wingletfuß mir auch noch (zu) schwer
erschienen (und oft beim Landen Schaden nahmen), könnte man doch … Letztendlich brachte mich Joachim Müller
beim Nuritreffen auf eine aberwitzige Idee: Ich sägte dem Schalentier – schweren Herzens- die Wingletfüße ab

verlängerte den (damals) nicht durchgehenden Holm mit 6mm CfK-röhrchen, steifte den Zwischenraum aus und klebte GfK-Endrippen an,
in die ich je 2 Bohrlöcher 4 mm Ø geschnitten hab. Somit konnte ich anschrauben, was da immer entstand. (Foto 05)
Das Originalwinglet wiegt 41g, der Fuß 29g

Folgende Konfigurationen wurden gebaut und geflogen:

1. Winglet (Öffnungswinkel 15°) auf DSA-rohr (Elektroinstallationsrohr mit 16 mm Ø ) (36g)

2. Winglet (Öffnungswinkel 15°) auf DSA-rohr (Kohlerohr mit 11,5 mm Ø) (26g)


3. Spiroid (rund, 90mm Ø) auf DSA-rohr (GfK-Vierkantrohr 10 mm) (29g)

4. Spiroid (Parallelogramm 100mm Breite) auf Abachianschlußrippe (53g)
Um vergleichen zu können, hab ich identische Winglets (Größe: B: 10.8cm H: 21 cm Dicke: 0.3cm) gebaut, ca 25% kleiner als die Originale.

Winglets entstanden aus je 2 Lagen 1,5 mm Balsa mit Weißleim querverleimt, vorne abgerundet, hinten spitz (symmetrisch) zugeschliffen
und mit Oracover bebügelt. Da die Öffnung des DSA-rohres über den Punkt der größten Profildicke nach hinten gezogen werden soll/muss,
habe ich die Winglets rückversetzt angeklebt.
Für die Spiroids braucht es eine Form: Für die runden nahm ich eine Espressodose und für das Parallelogramm baute
ich die Form aus 5mm Sperrholz. (Balsabrettchen über Nacht in der Badewanne schwimmen lassen und am nächsten Tag über die Form
spannen und am 2.Tag andere Seite herstellen, am 3. Tag verkleben . Wenn alles getrocknet ist verschleifen und mit 25-er Matte
überziehen und am 5.Tag Fliegen gehen)
Die Befestigung am Flügel erfolgt über 4 mm Plastikschrauben.
Die Flüge wurden nicht gelogged (hab nix); auf dem Rumpf war eine kleine Schlüsselanhängerkamera befestigt,
die Flügelende und Winglet aufnahm. Einige Male hat ein Freund von unten gefilmt.
Meine Eindrücke hab ich mit Thomas und Florian, die auch DSA-rohre erproben und mit Alfons Gabsch
intensiv ausgetauscht und diskutiert und die Erfahrungen Joachim Müller (Triad-pilot) und Gerhard (Triad-konstrukteur)
mitgeteilt. Was da an Anregungen kam, diskutiert und verfeinert oder verworfen wurde, würde ein Buch füllen.
Ein herzliches Dankeschön an alle. Unterhaltsam war`s auf jeden Fall. Ich hätte auch nie gedacht, dass mich das
Unternehmen zu fast wissenschaftlichem Vorgehen verleiten würde. Was soll`s. Jetzt kommen wir zu den Flugerfahrungen.
Folgendes Vorgehen hat sich bewährt:
- Triad elektrisch –
- Start von der Flitsche,
- Überprüfung der Steuerbarkeit
- Grundgeschwindigkeit erfliegen,
- Abrissflugeigenschaften überprüfen –
- Steilkurven (bis Messerflug) -
- Schnellflug (Überprüfung der Flattereigenschaften)
- Landeanflüge in unterschiedlichen Höhen (Überprüfung der Steuerbarkeit) –
- Landung ohne Butterfly (Ausgleiten lassen und dafür braucht es eine lange Wiese)
Zu 1 und 2

Schwerpunkt kann leicht zurückgenommen werden
die kleineren Winglets reichen völlig aus (Spurstabilität)
Flügel kann senkrecht auf das Winglet gestellt werden, ohne abzurutschen
Schnellflug unverändert
Abrissverhalten: Ziehen bis zum Anschlag, kurzes Abnicken, weiterfliegen
Phänomenal sind die Langsamflugeigenschaften:
die Landegeschwindigkeit ist deutlich verringert bei voller Steuerbarkeit
Flieger kann bei der Landung extrem herangezogen werden und setzt sanft auf
Thermikkreisen ist sehr gut
beim Flitschen konnte ich beim Start keine Veränderungen feststellen. Aber wenn beim Schnellflug sich nichts ändert,
wird es beim Flitschenstart ebenso sein. DSA- rohr wirkt ja vorallem beim Langsamflug. Also...
Angeregt durch Thomas Versuche, mit einem offenen und einem verschlossenen DSA-rohr zu fliegen, hab ich die Konfiguration 1 und 2
gemischt geflogen. Es war kein auffälliger Unterschied feststellbar.

Spiroid rund:

Grundgeschwindigkeit ist deutlich höher (hinterster Schwerpunkt kann noch leicht rückverlegt werden), Flieger gleitet schneller ab
Flieger ist sehr agil (schnelle Kurvenwechsel sind möglich)
extrem gutmütiges Abrissverhalten bei vollem Ziehen
Steilkurven/Messerflug: Fläche rutscht /dreht über den Punkt (senkrechtstehend)
Landeflugeigenschaften sehr gut, er gleitet und gleitet und kann dabei gezogen werden
bei zurückverlegtem Schwerpunkt:
Grundgeschwindigkeit nimmt ab
Agilität bleibt (Kurvenwechsel)
Böenunempfindlichkeit
sehr gute Landeflugeigenschaften
Diese Konfiguration zog bislang die meisten Kommentare auf sich. Vom „gelockten“ Winglet, „Korkenzieher“, „Lockenwickler“ war alles dabei.
Gewöhnungsbedürftig ist das ERSCHEINUNGSBILD allemal.
Spiroid als Paralleloramm (ohne DSA-rohr) auf Abachi-rippe:

Gewicht 50 gr. - also knapp 30 gr. schwerer als alle anderen Konfigurationen zuvor. Gebaut über einer Holzform, zwei Lagen Balsabrettchen 1,5 mm, mit 25-er Matte überzogen, Rundungen doppelt.
Einstellung (Schwerpunkt und Ruder) insgesamt wie zuvor.
Gefühlsmäßig war mein erster Eindruck :
"so soll es sein!", flog agil,
provozierter Strömungsabriss lässt extrem lange auf sich warten (Höhenruder voll gezogen), da nimmt er die Nase hoch,
bis (auf dem Video) kurz nix mehr zu hören ist) und nickt leicht ab und fliegt weiter.
Bleibt in Steilkurven auf dem "Winglet stehen", rutsch nicht ab oder dreht drüber. Nimmt alle Ruderbewegungen direkt auf.
Auffallend ist das veränderte Geräusch auf dem Video, nicht mehr das Brabbeln der Strömung
sondern ein deutlich leiseres RAuschen - im schnellen Vorbeiflug pfeift nix, er rauscht vorüber.
Bei Böen flog er völlig unbeeindruckt, auch im Querflug zur Windrichtung tut sich nix.
Schnelle Steilkurvenwechsel absolviert er gut - nicht so agil wie mit den runden Spiroiden.
Nachteil: die Landegeschwindigkeit ist deutlich höher als bei den DSA-rohren: (Auch Ziehen half nicht wirklich)
bei rückversetztem Schwerpunkt nimmt Grundgeschwindigkeit ab, die gute Steuerbarkeit bleibt erhalten und die Landegeschwindigkeit nimmt wieder deutlich ab.
Was haben wir also:
DSA-rohr und Spiroids wirken sich nachhaltig und deutlich positiv auf die Langsamflugeigenschaft eines Pfeilnuris aus. Das bedeutet:
verbesserte Start- und Landeflugeigenschaften,
positiv verändertes Abrissverhalten durch verbessertes Fliegen bei hohen Anstellwinkeln und dadurch auch
verbesserte Thermikflugeigenschaften. (Die Auswirkungen im Langstreckenflug muss noch erprobt werden). Thomas und Florian teilen diese Erfahrungen.
Im mittleren bis hohen Geschwindigkeitsbereich sind Unterschiede wohl nur marginal wahrnehmbar und so waren positive oder negative Veränderungen
nicht feststellbar.
Den Schwerpunkt habe ich schrittweise zurückgelegt. Die Flugeigenschaften waren bei den Spiroiden am positivsten
bei einer Schwerpunktrücklage von bis zu 3mm hinter dem angegebenen hintersten Punkt. Ab 5mm verschlechterten sich
die Flugeigenschaften -vor allem der Gleitwinkel- drastisch. Der Triad ließ sich zwar noch steuern, reagierte aber träge
und war gerade im Langsamflug erschreckend „müde“. Das hatten wir nicht erwartet
Gemischte Konfigurationen haben keine eindeutigen Erkenntnisse (bislang) geliefert, wohl auch, weil der wirksame Geschwindigkeitsbereich
zu eingeschränkt ist und wir wohl „hängende“ Flügel aussteuern.
>
Was da draußen am Winglet genau vor sich geht wissen wir nicht. (Falls jemand einen Windkanal bei sich zu Hause rumstehen hat, wir hätten Bedarf!!)
Da ich bei meinen Versuchen den Schwerpunkt (zur Einstellung der gewohnten Grundgeschwindigkeit) beim DSA-rohr und v.a. bei
den Spiroiden immer weiter zurück verlegen konnte, geh ich davon aus, dass sich die Auftriebsverhältnisse am Flächenende verändert haben müssen.
a) durch eine Auftriebserhöhung und/oder eine Spannweitenvergrößerung bei den Spiroiden
b) durch eine Verringerung des induzierten und/oder Gesamtwiderstandes
zu b) wir vermuten, dass durch das DSA-rohr und die Spiroids die Randwirbel „abgesaugt“ werden und/oder
die Verwirbelung „gleich gerichtet“ wird, d.h. der Widerstand wird reduziert und dadurch tritt ein Strömungsabriss
(im Langsamflug) deutlich verzögert auf.
Diese Ergebnisse rechtfertigen allein schon den Einsatz des DSA-rohrs und /oder der Spiroiden dran oder drauf.
Was mir bei den Flugvergleichen"Spiroiden" zu "graden Winglets" auffällt ist, dass die Winglets selbst flattern (Auftrieb)
während die Spiroiden "ruhig" bleiben und im Flug völlig anders klingen/rauschen. Die geben ihre Energie direkt an den Flügel ab.
Für dieses Jahr steht an, die unterschiedlichen Konfigurationen zu messen und zu loggen. Dann mehr. Viel Spaß beim Selber-Probieren.
Uli Roidl
Links:
Zanonia-Flyers
IG-Nurflügel Schweiz
Wikipedia spiroid
Aviationpartners
Spiroid
pdf Artikel